Schwedenflucht

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Nach einem schönen Grillabend unter Aufsicht von ca. 1000 Knotts (kleine nervende Fliegen) starten wir am verregneten nächsten Morgen Richtung Särna. Von der kleinen Stadt aus geht’s in den Fulufjället Nationalpark. Dort wandern wir zum höchsten Wasserfall Schwedens. Die Höhenangaben schwanken zwischen 96 und 124 Metern. Leider regnet es immer noch, und so bleibt der Wasserfall auf unserer Wanderung lange im Nebel verborgen. Macht nix, der Weg ist trotzdem schön, und als wir direkt vor dem Wasserfall stehen, sehen wir in sogar noch…

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Am Abend geht’s dann wieder zurück nach Särna, wo wir auf einem kleinen Campingplatz bleiben.
Nach einer stürmischen Nacht, in der Christian um fünf Uhr morgens raus muss um die Markise einzufahren damit sie nicht abreißt geht’s recht spät am nächsten Tag weiter. Mit 50km/h tuckern wir über eine frisch gekieste, sonst aber gut ausgebaute Straße Richtung Linsell. Auf diesem Wege möchten wir uns ganz herzlich bei den 3 idiotischen Schweden bedanken, die mit 90 kmh über die Kiesel brettern und uns so 4 Steinschläge innerhalb 2 Minuten auf unserer Windschutzscheibe verpassen. Es dauert auch keine weiteren 10 Minuten bis aus zweien davon Risse werden, die jetzt unsere Scheibe im Fahrerbereich zieren. Danke… Die Laune lassen wir uns aber von solchen Kleinigkeiten nicht verderben, und solange die Risse nicht quer über die Scheibe wandern werden wir die Problemlösung jetzt auch erstmal auf Deutschland verschieben. Wir finden dann auch bald in einem kleinen Wald am See in der Nähe von Sveg einen kostenlosen schönen Parkplatz für Wohnmobile wo wir die Nacht verbringen. Leider regnet es weiterhin und die Temperatur ist mit 10 Grad auch nicht gerade super.
Weiter geht’s am nächsten Morgen, bei 10 Grad und Regen Richtung Östersund. Viel Spannendes gibt’s nicht an diesem Tag, schöne Landschaft, aber das sind wir ja von Schweden schon gewöhnt…
Der nächste Tag beginnt schon mal sehr viel besser, die Sonne scheint und schon morgens hat es 14 Grad. Also auf nach Östersund, der wunderschönen Stadt am Storsjön See. Nach einem kurzen Einkaufsstop geht’s 70 km westlich zum schönsten Wasserfall Schwedens dem Ristafallet in Halland. Zu unserem Glück gibt es direkt am Wasserfall einen netten kleinen Campingplatz und da wir wieder mal nur einen Platz ohne Strom brauchen ergattern wir den Premiumplatz 10 Meter vom Wasserfall entfernt.

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Das Wetter spielt auch mit und so verbringen wir endlich mal wieder einen Nachmittag in der Sonne und spazieren am Fluss entlang.

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Der Wasserfall ist wirklich gigantisch. Die Nacht ist dann auch dank der Nähe zum fließenden Gewässer mückenfrei und nur vom Tosen des Wasserfalls untermalt. Gut erholt starten wir am neuen Morgen Richtung Strömsund. Die Landschaft wird immer wilder und einsamer und es begegnen uns nur noch vereinzelt Wohnmobile. Ab und zu halten wir unterwegs für einen Spaziergang im endlosen Wald, ansonsten geht es immer weiter Richtung Lappland. Kurz hinter Strömsund entdecken wir einen vermeintlich schönen Platz direkt am See. Vier Stunden später fliehen wir total entnervt gegen 20 Uhr wieder auf die Straße und suchen einen neuen Stellplatz. Die Mücken sind der Wahnsinn. Wie immer bleibe ich verschont, aber Christian und heute auch die Hunde sind komplett zerstochen. Eine Stunde später halten wir auf einem kleinen Parkplatz direkt an der Strasse und verbringen eine halbwegs mückenfreie Nacht.
Weiter geht’s nach Lappland… Bäume, Bäume, Bäume, Wasser und Einsamkeit empfängt uns… Kilometerlang fahren wir begleitet von etlichen anderen Wohnmobilen auf, inzwischen deutlich schlechteren, Straßen über Dorotea, Vilhelmina und Storuman und kommen so ins kleine Örtchen Gargnäs. Hier bleiben wir auf einem kleinen Campingplatz bei deutschen Auswanderern in der Hoffnung auf weniger Mücken. Falsch gedacht, ganz falsch… Was folgt ist die schlimmste Nacht unserer Reise. Zwar können wir abends noch Grillen, aber selbst das große Lagerfeuer kann uns nicht vor den Horden von Mücken schützen.

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Also Flucht ins Wohnmobil, schade bei diesen langen Tagen, immerhin ist es inzwischen nachts um 12 noch fast taghell… Und wir sitzen im Wohnmobil. Leider schaffen es die doofen Viecher heute Nacht auch in Scharen ins Wohnmobil. Der Himmel weiss wie sie das geschafft haben. So sind wir die halbe Nacht mit Erschlagen beschäftigt. Die andere Hälfte der Nacht habe ich zwar meine Ruhe, Christian wird allerdings weiter geplagt, und so geht er nachts 3mal duschen um die Stiche zu kühlen und entfacht morgens um 4 Uhr erneut das Lagerfeuer.
Krisensitzung am nächsten Morgen. So kann es nicht weitergehen… Trotz Autan und Mückengittern vor jedem Fenster und der Schiebetür hat Christian ca. 200 Mückenstiche und ist mit den Nerven total runter. Die Hunde kratzen sich die Bäuche wo sie gehen und stehen und besonders Barney mit seinem schwarzen Fell ist bei jedem Schritt von Dutzenden der Blutsauger umgeben. Das tun wir uns und den Hunden nicht mehr länger an… Ich klemme mich hinters Steuer und es geht 30 Kilometer über Schotterpiste Richtung Arvidsjaur. Plötzlich schreit Christian „Stopp“, und dann erleben wir unsere Entschädigung für die Nacht. Ein großes Rentier mit riesigem Geweih direkt vor uns auf der Piste. Erst läuft es auf uns zu um dann im Wald zu verschwinden. So geht’s dann auch weiter, überall auf der Straße und im Wald wimmelt es von den lustigen „Rudolfs“. Die blockieren dann auch schon mal minutenlang den Verkehr, weil sie nicht auf die Seite gehen möchten…

DSC_0058 DSC_0048Mittags halten wir am kleinen Cafe Arctic Glass mit seinem Souvenirshop und unterhalten uns mit der deutschen Besitzerin. Während wir unsere Waffel mit Moltebeerenmarmelade verspeisen erzählt sie uns vom ungewöhnlich nassen Frühjahr, vom schlechten Sommer (was für ein Sommer?) und von der Mückenplage, die Dank des Wetters herrscht. Nachdem wir uns noch ein paar Schwedensouvenirs gesichert haben fahren wir weiter in die Stadt und besuchen den Tierarzt. Wir wollen nach Norwegen ans Meer und so den Mücken entgehen. Hierfür brauchen die Hunde allerdings eine Entwurmung unter ärztlicher Aufsicht. Kein Problem für Sierra, die verspeist ja eh alles, unseren Herren müssen wir mal wieder länger bitten und die Tierärztin amüsiert sich köstlich über unsere Versuche die Kautablette mit Hilfe von Leberwurst in ihn rein zu kriegen. Irgendwann haben wir es geschafft und können weiterfahren Richtung Arjeplog. Der Parkplatz heute Abend ist zwar dank Seenähe wieder mückenverseucht, aber wir halten durch…

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Nach, dank Regen, mückenfreier Nacht starten wir am nächsten Morgen nach Arjeplog. Diese Stadt ist dafür bekannt, dass Autohersteller weltweit hier im Winter ihre Autos und LKWs auf den zugefrorenen Seen testen. Bei -40 Grad und 4 Metern Schnee können wir uns das gut vorstellen. Wir nutzen den letzten Coop in Schweden zum Einkaufen und finden dann 30 Kilometer hinter der Stadt einen wunderschönen Wanderweg, den wir warum auch immer mückenfrei geniessen können.

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Herrlich, fast 3 Stunden wandern, mit einem netten Schweden ratschen, der uns von der Elchjagd, von Königsadlern und von Bären erzählt und das alles ohne einen Stich… Am Abend ist uns dann auch noch dieser Platz am See mit dem herrlichen Ausblick auf schneebedeckte Berge sicher.

DSC_0066Ausblick aus der Hecktür.

Die Nacht 5 Kilometer vorm Polarkreis war herrlich, es wird inzwischen eigentlich gar nicht mehr dunkel und so können wir selbst um Mitternacht noch schön Spazierengehen. Mücken gibt’s hier dank Wind und Kälte auch nicht mehr und so sind wir am Morgen gut ausgeruht. Gott sei Dank, heute haben wir nämlich endlich mal wieder eine längere Wanderung geplant. Dem Sommerkurier, der schwedisch-deutschen Nachrichtenzeitung hier haben wir eine schöne, 18 Kilometer lange Route durch den Fjäll entnommen. Also heißt es heute nur 25 Kilometer bis zum Wanderparkplatz Merkenis fahren, dabei den  Polarkreis überqueren und mittags um eins stiefeln wir dann gut ausgerüstet los. Der Weg geht harmlos los, über Schneefelder, vorbei an kleinen Seen, durch schmale Bäche bis auf 800 Höhenmeter. Von dort aus hinab ins Flusstal durch einen Birkenwald bis zur Wanderhütte Jurun.

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2,5 Stunden brauchen wir für den Hinweg  auf dem wir ganz alleine sind. Zwischendurch müssen wir über Steine durch die Bäche waten oder sie überspringen, die Gletscher tauen und dementsprechend viel Wasser kommt runter. Natürlich sind meine Beine zu kurz dafür und so passiert was passieren muss, ich springe zu kurz, rutsche von der Schneeplatte und lande mit dem linken Fuss wadentief im eiskalten Gletscherbach. Zähne zusammenbeissen und weiter… Wird schon wieder trocken. Minuten später sinke ich bis zum Oberschenkel im Schnee ein und der andere Fuß ist genauso nass. Geht doch, jetzt fühlen sich wenigstens beide gleich an… 😉 Christian kommt heute aus dem Lachen über mich gar nicht mehr raus. Heute morgen ist mein Schuh beim Sprung über ein matschiges Rinnsaal schon im Schlamm steckengeblieben während mich der Schwung weiter getragen hat… So war ich auf Socken unterwegs im Moor und jetzt das… Ich halte durch und so machen wir um vier Uhr Rast an der Wanderhütte Jurun.

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Nach einem kurzen Abstecher über die Hängebrücke machen wir uns auf den Rückweg und genießen die Stille und den grandiosen Ausblick auf die Gletscher rund um uns. Gegen 19 Uhr kommen wir ziemlich erschöpft wieder am Parkplatz an. Die Hunde wollen nur noch fressen und ins Bett… Das Toben im Schnee und die rund 30 Kilometer laufen…

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Die beiden sind fertig. Wir auch und so gibt’s nur noch einen kurzen Ratsch mit zwei Rosenheimern, die zum Kanufahren hier sind und denen das Brot ausgegangen ist und dann fallen auch wir todmüde ins Bett. Die Nacht bringt 6 Grad und unsere Heizung läuft mal wieder auf Hochtouren. Das ist ein Sommer… Übrigens der schlechteste seit zig Jahren hier in Schweden. Normalerweise liegt hier um die Zeit auch kein Schnee mehr! Wir wundern uns über nichts mehr auf dieser Reise und ärgern lassen wir uns vom Wetter schon seit dem Hochwasser in Frankreich, dem kältesten Winter in Spanien und dem verregnetsten Sommer in Großbritannien nicht mehr. Es is wie’s is…

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Bibbernd kriechen wir heute morgen aus unserem warmen Bett ins Freie und siehe da, die Sonne zeigt sich kurz. Wir starten spät in Richtung Grenze zu Norwegen. Viel haben wir schon gelesen von strengen Grenzkontrollen für Wohnmobile, der Alkohleinfuhrbegrenzung und das man ja keine Kartoffeln mitnehmen darf. Nach 7 Kilometern passieren wir fast unbemerkt die „grüne Grenze“ und keiner will irgendwas von uns.

DSC_0088 Der erste Blick in Norwegen…

So sitzen wir jetzt bei einem Glas Bacardi nach einer regenreichen ersten Fahrt in Norwegen auf unserem Campingplatz hier am Fjord, haben frisch gewaschene Wäsche und schauen in den Sonnenuntergang. Es ist fast Mitternacht und taghell… Morgen starten wir unsere Fahrt in Richtung Nordkap. Dass Norwegen teuer wird haben wir heute bei unserem ersten Supermarktbesuch schon festgestellt. Macht nix, dann gibt’s halt für jeden 1 Paprika am Tag (die sind günstig) wegen der Vitamine und Pfannkuchen zum satt machen (die gibt’s in jedem Land günstig). Der Bund grüner Spargel heute hat schließlich fast 10 Euro gekostet…

Ein Gedanke zu „Schwedenflucht

  1. Wow, die Wasserfälle würden mir auch gefallen, da könnte ich nicht so schnell wieder weg. Ein toller Blick auf eine tolle Landschaft, und dann noch das „fast zahme“ Wild ?

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